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CLT-Produktion in Schlitz ab Mai 2019

Vertiefung der Wertschöpfung durch das Zukunftsprodukt CLT

Bauen mit Holz generell und mit Brettsperrholz im Speziellen gehört die Zukunft. Am Standort Schlitz stellt Pfeifer die Weichen: Ab Mitte 2019 startet dort auf modernsten Anlagen die Produktion von anfangs jährlich 50.000 m³ fertiges CLT (= Cross Laminated Timber). Der Vollbetrieb sieht – der Marktnachfrage entsprechend – eine Verdoppelung der Kapazitäten auf 100.000 m³ vor. Pfeifer wird damit aus dem Stand fünftgrößter CLT-Produzent Europas.

Selten zuvor hat ein Megatrend die Bauwirtschaft international in so kurzer Zeit so massiv verändert: 17 Prozent jährliches Wachstum seit 2008 bei CLT. Global. Die Pfeifer Group reagiert entsprechend auf die enorme Marktnachfrage und investiert am Standort Schlitz 25 Mio. Euro in eine hochmoderne CLT-Produktion, um die Brettsperrholz-Kompetenz in die Unternehmensgruppe zu integrieren. In Ausbauphase 1 werden 55 neue Arbeitsplätze geschaffen. Der benachbarte Standort Lauterbach wird gleichzeitig als zentraler Zulieferer für Schlitz genutzt. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag, 15 neue Arbeitsplätze entstehen. Timber Blog hat mit CLT-Projektleiter Josef Dringel über Motivation und Rahmenbedingungen für den Einstieg ins hoffnungsvolle Marktsegment CLT, die Standortwahl und die künftige Produktpalette gesprochen.

Josef Dringel ist Geschäftsführer der beiden tschechischen Pfeifer-Standorte Chanovice und Trhanov, Projektleiter der CLT-Produktion in Schlitz und seit 1. Jänner 2018 neben Michael Pfeifer Geschäftsführer der Pfeifer Timber GmbH.

Herr Dringel, CLT ist bei Pfeifer seit einigen Jahren Thema. Was waren die Beweggründe, jetzt mit der Produktion zu starten? 

Dringel: Zuallererst: Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Der Markt für Brettsperrholz hat sich wesentlich dynamischer entwickelt als prognostiziert, selbst die optimistischsten Prognosen von Brancheninsidern haben sich bewahrheitet. Das konnten wir uns vor – sagen wir – zehn Jahren noch nicht vorstellen. Zudem ist CLT weltweit gefragt. Der Holzbau wird global aufgrund demografischer und gesellschaftlicher Entwicklungen – Stichwort Wohnraumnot in Ballungszentren, Stichwort Flexibilität und Ästhetik des Werkstoffes Holz, Stichwort Energiebilanz und CO2-Speicher – nachhaltig weiter wachsen. In Sachen Standardisierung des Produktes hat sich ebenfalls viel getan. All diese Faktoren haben zur Entscheidung für den Einstieg von Pfeifer in die CLT-Produktion geführt. Also starteten wir Anfang 2017 mit dem Projekt. Der Zeitpunkt ist ideal. Pfeifer wird endgültig zum Komplettanbieter am Holzbausektor.

Welche Vorarbeiten waren bisher zu leisten, auch hinsichtlich des Vertriebes?

Dringel: Zuerst galt es einmal die Frage zu beantworten, ob CLT grundsätzlich zu uns passt. Das war prinzipiell zu bejahen, denn mit Brettschichtholz, Konstruktionsvollholz und Massivholzplatten sind wir schon heute ein bedeutender Anbieter von konstruktiven Holzbauprodukten. Mit CLT ergänzen wir die Produktpalette um ein wachstumsstarkes Produkt und festigen unsere Marktposition. Dann stellte sich die Frage nach der Integration in unsere etablierten Produktions- und Vertriebsstrukturen bzw. der Schaffung neuer. Denn CLT bzw. CLT-Elemente werden ja nicht als standardisierte Commodity bzw. Lagerware, sondern rein auftragsbezogen und individuell hergestellt. Und die Kundenstruktur unterscheidet sich ebenfalls. In unserem Fall wird der Handel aber auch bei diesem neuen Produkt unser wichtigster Hauptansprechpartner bleiben und bekundet auch hohes Interesse bzw. sieht unsere Sortimentserweiterung bei den Holzbau-Produkten als große Bereicherung. Der Vertrieb kann zum Teil also über bestehende Strukturen und Kooperationen erfolgen. Als zweite Schiene ist geplant, projektbezogen auch direkt mit Partnern aus Gewerbe und Industrie zusammenzuarbeiten.

Die Auftragsabwicklung im CLT-Segment erfordert entsprechendes Engineering, eine starke – auch digitale – Vernetzung sowie hochpräzise Logistik. Wie wird Pfeifer das handhaben?

Dringel: Unser Ziel ist es nicht, ein großes Ingenieurbüro aufzubauen. Die Schnittstelle zwischen Produktion bzw. Arbeitsvorbereitung und Vertrieb wird eine Innendienstabteilung sein. Diese wird neben der klassischen Auftragsabwicklung auch den erforderlichen technischen Support leisten. Daneben werden wir Engineering-Leistungen technischen Partnerbüros außer Haus vergeben, kompetente Produktmanager werden unsere Kunden und das Pfeifer-Außendienst-Team bei der Umsetzung von Aufträgen und Projekten unterstützen. Die durchgängige IT-seitige Vernetzung des gesamten Auftragsabwicklungs-Prozesses, verbunden mit schnellen Reaktionszeiten auf Kundenanfragen und eine transparente Abwicklung sehen wir als wesentlichen Erfolgsfaktor an. Wir sind bereits dabei, diese Partnerschaften zu begründen und Mitarbeiter mit speziellen Skills für Holzbau und CLT am Markt zu rekrutieren. In Sachen Logistik können wir auf unsere bewährten hocheffizienten Strukturen zurückgreifen.

Michael Pfeifer

CEO PFEIFER GROUP

„Im Gegensatz zu BSH, das wir hauptsächlich in sechs europäische Schlüsselländer liefern, ist CLT mittlerweile global gefragt. Der Zeitpunkt für den Einstieg in die CLT-Produktion ist ideal.“

Mit CLT eröffnen sich der Architektur und der gesamten Baubranche ganz neue Anwendungsmöglichkeiten und gestalterische Perspektiven.

Warum fiel die Wahl letztlich auf den Standort Schlitz?

Dringel: Es war klar, dass Pfeifer dieses Projekt in Deutschland in unmittelbarer Nähe des Sägewerks Lauterbach realisieren wird, um durch die Weiterverarbeitung des Schnittholzes die Wertschöpfung vertiefen zu können. Ursprünglich war der Plan, direkt in Lauterbach neu zu bauen. In Schlitz ist jedoch die gesamte Infrastruktur mit sämtlichen Produktionshallen, Außenflächen, einem Kommissionierungslager und Heizungs- bzw. Schnittholztrocknungsanlagen bereits vorhanden. Die wirtschaftliche Vergleichsrechnung sprach dann ganz eindeutig für den Standort Schlitz, was die Investitions- und laufenden Kosten anbelangt. Außerdem liegen wir mit Schlitz zentral in Deutschland, dem wichtigsten Markt Europas, sowie mitten in den Kernmärkten. Wir haben es nicht weit nach Bayern, Österreich, Schweiz und Italien sowie zu den Boommärkten Großbritannien und Skaninavien.

Der Ausbau des Werkes erfolgt in zwei Stufen. Können Sie diese bitte skizzieren?

Dringel: Ja, die Investition erfolgt in zwei Ausbaustufen. In Schritt 1 erreichen wir eine Kapazität von 50.000 m³ fertigem CLT, was einem Schnittholzeinsatz von ca. 65.000 m³ entspricht. In Schritt 2 wird die Kapazität auf 100.000 m³ verdoppelt. Der Investitionseinsatz für den Vollbetrieb ist überschaubar, wir stellen dafür jetzt schon die Weichen. Geplant ist nach einer Hochlauf- und Optimierungsphase ein dreischichtiger Betrieb an den hochautomatisierten Anlagen. Aufgrund der langen Lieferzeiten der bereits bestellten Maschinen erfolgt die Inbetriebnahme im Mai 2019. Gesamt schaffen wir in Schlitz in der ersten Ausbaustufe 55 neue Arbeitsplätze.

Zum Sortiment: Welche Dimensionen und Qualitäten von CLT bzw. CLT-Elementen wird Pfeifer anbieten?

Dringel: Als Newcomer wollen wir unsere neuen Anlagen bestmöglich auslasten. Deshalb werden wir großformatige Platten in den gängigsten Dimensionen produzieren, und zwar als Wand-, Decken- und Dachelemente. Damit decken wir 85 bis 90 Prozent der Marktanforderung ab. Schnittholz in Fichte und Kiefer verarbeiten wir in Schlitz zu CLT mit maximal 3,10 m Breite, maximal 14,5 m Länge, einer Stärke von 6 bis 30 cm und 3 bis 7 Lagen. Alles in drei Qualitäten, nämlich Industrie, Industrie-Sicht und Sicht, jeweils mit geschliffener Oberfläche. Breiter, höher, länger wollen wir nicht und müssen wir nicht. Es gibt jedoch die Möglichkeit zu weiterer Individualisierung, indem wir zum Beispiel für mehr Oberflächen-Vielfalt Massivholz-Platten aus eigener Produktion für die Decklage einschleusen.

Marktmitbewerber liefern bereits fixfertige Elemente mit Türen, Fenstern, etc. drin. Wie weit wird Pfeifer den Vorfertigungsgrad ausbauen bzw. vertiefen?

Dringel: Wir sehen uns eindeutig als Zulieferer einer hocheffizient hergestellten, von der Qualität den Marktanforderungen entsprechenden Rohplatte. Diese wird in unserem modernen CNC-Abbundzentrum auftragsgemäß maschinell und – für Spezialanforderungen – auch manuell abgebunden mit Öffnungen für Türen und Fenster, Fräsungen, Einschnitten und Durchlässen für Elektrik, Leitungen, etc. Nach der Kommissionierung und stabilen Verpackung transportieren wir die bestellten CLT-Elemente liegend und genau in der Reihenfolge, in der sie auf der Baustelle gebraucht werden, zum Kunden bzw. Auftraggeber. Uns ist bewusst, dass der Vorfertigungsgrad weiter zunehmen wird. Daher befinden wir uns bereits jetzt in Kooperationsgesprächen, um in einem weiteren Entwicklungsschritt gemeinsam mit Partnern eine Vertiefung der Wertschöpfung für bestimmte, standardisierte Anwendungen zu erreichen.

In welchen Bereichen sehen sie den Haupteinsatzzweck von CLT? Brettsperrholz wird ja bereits als „Beton der Zukunft“ bezeichnet.

Dringel: Eine Bezeichnung, die mir übrigens missfällt. Denn der mineralische Massivbau bzw. Stahlbau hat auch in Zukunft neben dem Holz-Massivbau seine Berechtigung, je nach Anforderung an das Projekt bzw. Objekt, wenn man gerade Kriterien wie Brand-, Schall- oder Lärmschutz heranzieht. Hier gilt es, Hybridtechnologien weiter zu entwickeln, also diverse Baumaterialien mit unterschiedlichen Stärken zu einem Bausystem zu vereinen und damit neue Möglichkeiten für die Architektur zu eröffnen. Wie immer gilt: Der Mix macht's aus, auch in ästehtischer Hinsicht. Haupteinsatzgebiete für CLT sind sicher primär mehrstöckige Gebäude wie Wohnbauten, gewerbliche Bauten (Büros, Hotels), Kommunalbauten wie Schulen, Kindergärten oder Pflegeheime und vieles mehr. Gerade in diesen Bereichen lässt sich sehr gut standardisiert bauen, diese Standardisierung wollen wir auch weiter vorantreiben. Weitere Einsatzzwecke sind Aufstockungen bzw. Nachverdichtung jeder Art und Dimension im urbanen Umfeld. Und natürlich – nicht zu vergessen – der private Wohnbau.

„CLT ist das innovativste Produkt in der Wertschöpfungskette der Pfeifer Group mit dem größten Zukunftspotenzial.“

Josef Dringel, Projektleiter Pfeifer CLT Schlitz

Wie ist die Resonanz am Markt auf Pfeifer CLT?

Dringel: Sehr positiv. CLT ist derzeit aufgrund der hohen Nachfrage Mangelware. Es kommen sogar schon Anfragen herein. Natürlich ist es dafür noch etwas zu früh.

Sie beschäftigen sich seit mehr als 15 Jahren mit Brettsperrholz. Was fasziniert Sie persönlich an diesem Werkstoff?

Dringel: CLT vereint die vielfältigen Vorteile von Holz – wie positive CO2-Bilanz, statische Eigenschaften, Erdbebensicherheit, Ästhetik u.v.m. – mit technologischen Errungenschaften, die einen hohen Vorfertigungsgrad und eine rasche, sichere Bauweise ermöglichen. Diese Vorteile treffen auf weltweite demografische Entwicklungen, die für ein nachhaltiges Wachstum des Holzbaus sprechen. Der Höhe und den architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten von Gebäuden in Holzbauweise sind dank CLT kaum mehr Grenzen gesetzt. Deshalb halte ich Brettsperrholz im Bauwesen für eine der größten Innovationen überhaupt. CLT ist das Zukunftsprodukt.

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