Vorrang für die Schiene
Die Frage heißt nicht Bahn oder Lkw, sondern vielmehr: Wie lassen sich die jeweiligen Logistik-Prozesse bestmöglich gestalten? Wir haben mit Thomas Staudinger, Logistik-Leiter der Pfeifer Group, über aktuelle Trends und dauerhafte Herausforderungen in seiner Branche gesprochen.
Die Corona-Pandemie hat die Achillesfersen globaler Logistikketten offengelegt. Container-Knappheit, Verzögerungen und Lieferengpässe bei gleichzeitig gestiegener Nachfrage verlangten auch der Holzindustrie logistisch einiges ab. Hinzu kommen Dauerbrenner wie die geforderte CO²-Emissionsminderung oder – massiv spürbar – der LKW-Fahrermangel, der Wirtschaft und Gewerbe auszubremsen droht und auf dessen vielfältige Ursachen Corona wie ein Brennglas wirkte. In diesem turbulenten Umfeld hat im August 2021 Thomas Staudinger das Steuer der Pfeifer-Logistikabteilung übernommen. Sein Ziel: den bislang eingeschlagenen, erfolgreichen Weg weiter zu beschreiten, Zukunftspotenziale zu orten und neue Dynamik in Prozesse und Partnerschaften zu bringen.
Rund 1 Mio. Tonnen Holz(produkte) pro Jahr transportiert Pfeifer mittlerweile auf der Schiene. Der umweltschonende Transport mit der Bahn soll auch weiterhin forciert werden, bis hin zu einer Verdoppelung auf 2 Mio. Tonnen in den kommenden drei bis vier Jahren. Wichtige Partner dafür sind private Bahnunternehmen wie die Salzburger Eisenbahn-TransportLogistik GmbH (SETG), mit der Pfeifer seit rund zehn Jahren erfolgreich zusammenarbeitet.
Ihr größter Pluspunkt: eine flexibel gestaltete Bahnlogistik, die auf die zeitlichen und produktbezogenen Anforderungen von Pfeifer eingeht und dafür auch keine Investitionen scheut. So entwickelte das Team der SETG etwa eine Lösung, um 2,5 m lange Stämme für die Herstellung von Verpackungsholz oder doppelt so langes Rundholz gleichermaßen gut befördern zu können.
Von den 1. Mio. bewegten Tonnen entfällt bislang der Großteil auf die Zufuhr in die Werke Uelzen, Unterbernbach und Kundl. Ab April 2022 klinkt sich der Standort in Lauterbach in das Bahnnetz ein. Neben dieser Großinvestition in Hessen beteiligt sich Pfeifer aktuell auch an einem Bahnhofsprojekt im tschechischen Pajeov, rund 10 Kilometer vom Standort in Chanovice entfernt.
Erhöhte Aufmerksamkeit erhält auch der Intermodalverkehr nach Südeuropa. So rollen Pfeifer Produkte mit der Bahn via Luxemburg bis an die spanische Grenze. Je nach Verfügbarkeit werden auch die Güterzugverbindungen von Deutschland nach Norditalien genutzt. „So viel wie möglich“ möchte Staudinger umweltfreundlich auf die Schiene verlagern.
Thomas Staudinger
Logistik-Leiter Pfeifer Group
„Wir sind die Letzten, die unser Produkt in Händen halten. Wie sich der Übergabeprozess an den Kunden gestaltet, prägt das Image von Pfeifer wesentlich mit.“
Trotz steigendem Gütervolumen via Bahn wird Pfeifer einen Teil des Verkehrs im Beschaffungs- und Versandwesen aber weiterhin per Lkw abwickeln. Denn nicht alle Standorte bzw. Strecken (Stichwort letzte Meile) qualifizieren sich für den kompletten Umstieg auf die Bahn.
zeigt sich Staudinger über die Möglichkeiten der E-Mobilität in seiner Branche realistisch. Entwicklungen bei der Wasserstofftechnologie verfolgt Pfeifer natürlich aufmerksam, genauso wie die Fortschritte beim autonomen Fahren. „Wir wollen vorne mit dabei sein, falls politisch eine Systemumstellung angestoßen wird.“ Effizient und somit nachhaltig könne man als Logistiker aber heute schon agieren, etwa durch Vollbeladung der Lkws, geschickte Routenplanung und Vermeidung von Leerfahrten.
Besondere, produktbedingte Anforderungen meistern die Logistiker am Standort Schlitz. Anders als Schnittholz oder Pellets müssen die Brettsperrholz-Elemente in korrekter Reihenfolge verladen, wegen ihrer beträchtlichen Dimensionen oft auf Spezial-LKW transportiert werden und just-in-time an der Baustelle ankommen. Eine exakte Verladeplanung sowie ein solides Netzwerk an (lokalen) Spediteuren sind hierfür essenziell.
Auch hier liegt großes Potenzial in der Digitalisierung, um den Warenfluss intern und extern noch exakter abbilden zu können. Dem vielfach genannten Wunsch nach Transportverfolgung entsprechend, sollen Pfeifer-Kunden mittelfristig den Status ihrer Bestellungen via Serviceportal einsehen können, inklusive Beladungszeitpunkt und geschätzter Ankunftszeit.
Seit Errichtung des Werks 2008/09 verfolgt die Pfeifer Group den Wunsch, den größten ihrer acht Standorte mit einem Gleisanschluss langfristig wirtschaftlich abzusichern. Im Dezember 2019 erfolgte schließlich der Spatenstich und trotz Corona verliefen die aufwändigen Bauarbeiten im Zeitplan. Die 1,7 km lange Bahntrasse in Richtung Wallenrod nimmt im Frühjahr 2022 mit einer Jahreskapazität von 400.000 Tonnen den Betrieb auf. Bis zu einem Drittel des Rundholzes für die Sägelinie soll künftig auf Schienen angeliefert werden. Im Endausbau strebt Pfeifer den geschlossenen Kreislauf an, d.h. An- und Abtransporte ohne Leerfahrten der Waggons. Die Baukosten von 16 Mio. Euro stemmt Pfeifer mithilfe von Förderungen des Eisenbahnbundesamts und des Landes Hessen.
„Wir sind die Letzten, die unser Produkt in Händen halten. Wie sich der Übergabeprozess an den Kunden gestaltet, prägt das Image von Pfeifer wesentlich mit“, weiß Staudinger um die Verantwortung seiner Abteilung. Somit brauche man verlässliche Partner für den Transport, müsse aber auch selbst ein solcher für die Frächter sein. Etwa durch zügige Abfertigung der Fahrer und respektvollen Umgang an den Ladeterminals. „Idealerweise freuen sich die Speditionen, wenn sie einen Auftrag von Pfeifer erhalten. An unseren bestehenden, sehr guten Beziehungen werden wir also weiter arbeiten“, sucht Staudinger aktiv das Gespräch mit Transportunternehmen, um profitable Lösungen für beide Seiten zu entwickeln. Trotz aller Herausforderungen zeigt sich der Logistik-Profi zuversichtlich. So können sich durch die enge Kooperation mit Pfeifer auch neue Chancen für Frächter eröffnen. Und auch der akute Container- und Fahrermangel sollte seinen Peak irgendwann überschritten haben: „Ich rechne damit, dass sich die Situation bis Mitte 2022 wieder entspannen wird.“